Das Historische Bräuteln zu Sigmaringen
Das Historische Bräuteln wird in seiner jetzigen Form seit annähernd drei Jahrhunderten gepflegt und ist der Höhepunkt der Semmerenger Fasnet.
Ein wahrhaft köstlicher Brauch, wissenschaftlich ausgedrückt: ein „Heischebrauch“. Frischgebackene Ehemänner werden von den - ledigen - Bräutlingsgesellen auf einer Stange um den Marktbrunnen getragen und werfen dabei Brezeln, Würstle und natürlich allerlei Süßigkeiten aus. Auch Ehejubilare und verheiratete Zugezogene können sich bräuteln lassen. Wer nicht möchte, kann sich freikaufen; ein wichtiger Hinweis in der Erforschung des Brauches, wie gleich zu zeigen sein wird.
Wie bei derart alten Bräuchen eher die Regel denn die Ausnahme, liegt die Entstehung auch hier im Unklaren.

Der damalige Fürst Joseph von Hohenzollern-Sigmaringen hatte sich am 20. Mai 1722 mit Maria Franziska Gräfin zu Oettingen-Spielberg vermählt und kaufte sich an der darauffolgenden Fasnet vom Bräuteln frei.
Dieser Freikauf lässt darauf schließen, dass es eine schon länger bestehende Tradition war, dass Hochzeiter sich freikaufen konnten – mehr aber noch, dass das Bräuteln selbst bereits damals ein seit langer Zeit geübter Brauch war, den auch das Fürstenhaus als selbstverständlich akzeptierte.
Und so führt die Spur weiter zurück in die Zeit des sog. „Bräutlingsbadens“, das in Sigmaringen schon Ende des 16. Jahrhunderts erwähnt wird und bei dem zugezogene Gesellen in den Stadtbrunnen oder sogar in die Donau geworfen wurden. Dieser grobe Brauch wurde schließlich von Fürst Meinrad in einer Verordnung vom Februar 1672 verboten. Möglicherweise bildet dieses Verbot den Übergang zur heutigen Form. Jedenfalls feierten die Sigmaringer 1872 eine 200-Jahrfeier ihres Bräutelns.
Die Sache mit dem „Schweda-Kriag“
Diese Version wurde z.B. auch auf dem Notgeld im Jahr 1920 festgehalten (siehe Abbildung links).
Dort und auf einer Postkarte von 1948 steht geschrieben:
Daß Koiner hot Luscht meh' zum Heirata g'hett,
der Erscht der's probiert hot in selbiger Zeit,
Den hot ma vor Freud um de Brunna rom trait.
Doch heut z'Tag isch umkehrt do hot mancher Bua,
d'Luscht wohl und s'Mädle, – koi Geld doch dazua,
koi Wohnung, nix z'essa, – koi Kinderwiag,
- 's ischt schlimmer als wia noch dem Schweda Kriag.
